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17.05.2024 Wohneigentum braucht neuen Stellenwert in Politik und Gesellschaft

Die Herausforderungen im Markt für Wohnimmobilien sind groß und vielschichtig. Wohnungsmangel in Ballungsräumen, hohe Baupreise, gestiegene Zinsen, massiv erhöhte Materialkosten, Engpässe bei Materialverfügbarkeit und Fachkräften und immer häufiger auch Zielkonflikte zwischen Wohnungspolitik sowie Natur- und Landschaftsschutz setzen den Wohnungsmärkten stark zu. Es bedarf somit eines neuen politischen Kraftakts und pragmatischer Lösungsansätze, um die Wohnungsbaukonjunktur anzukurbeln und neues Wohneigentum als Ventil für die angespannten Wohnungsmärkte sowie als Instrument zur Altersvorsorge und Vermögensbildung für breite Bevölkerungsschichten wieder erschwinglich zu machen.
Das sind die Kernergebnisse des aktuellen Wohneigentumskongresses, der von der Arbeitsgemeinschaft der Baden-Württembergischen Bausparkassen (ARGE), dem BFW- Landesverband Baden-Württemberg sowie der Arbeitsgemeinschaft Haus & Grund Baden-Württemberg dieser Tage veranstaltet wurde.

Bernd Hertweck, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Baden-Württembergischen Bausparkassen, verdeutlichte, dass die Zahl der Baufertigstellungen deutlich unter dem von der Bundesregierung festgelegten Zielwert von 400.000 Wohnungen pro Jahr liegt. 2023 wurden gerade einmal 270.000 Wohnungen fertiggestellt, 2024 sollen es sogar nur noch 225.000 Wohnungen werden. Die Wohneigentumsquote in Deutschland stagniere zugleich und gehe insbesondere in den jüngeren Altersgruppen zurück. Er forderte die Politik auf, auf diese Situation zu reagieren: nicht zur Verwirklichung individueller Träume, sondern aus einer sozialen und gesellschaftlichen Verpflichtung heraus. Wohneigentum würde nicht nur die angespannten (Miet-)Wohnungsmärkte entlasten. Es sei auch der klassische Einstieg in die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau breiter Bevölkerungsschichten und mache die Vermögensverteilung gerechter. Durch die ersparte Miete im Alter würden auch die sozialen Sicherungssysteme entlastet.

Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW-Landesverbandes Baden-Württemberg, hob die Bedeutung privater Investitionen für den Wohnungsbau hervor. 31,6 Milliarden Euro wurden im letzten Jahr von privaten Haushalten in den Wohnungsbau investiert. Die Zurückhaltung im Wohnungsneubau begründete er auch damit, dass die Investoren verunsichert und für Kapitalanleger andere Finanzprodukte attraktiver seien. Hinzu käme, dass private Haushalte in der Diskussion um den Wohnimmobilienmarkt immer noch nicht im Fokus der Politik stünden.

Ottmar H. Wernicke von der Arbeitsgemeinschaft Haus & Grund erhofft sich von den politischen Entscheidungsträgern Klarheit und Verstetigung in der Förderpolitik selbst genutzten Wohnraumes. Im europäischen Vergleich stünde Deutschland – bezogen auf die Höhe der Förderung – an einer der letzten Stellen, was unter anderem an dem hierzulande nicht mehr bekannten Instrument des steuerlichen Schuldzinsenabzugs liege. Denn: Immer mehr Bau- und Kaufwillige könnten sich den Erwerb von Wohneigentum nicht mehr leisten, obwohl gerade in der jüngeren Zielgruppe der bis 27-jährigen das freistehende Einfamilienhaus als Ideal und Wunschvorstellung für die Zukunft angesehen werde.

Mehr Wohneigentum bedeutet weniger Ungleichheit

Professor Oliver Lerbs, Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, erläuterte in seiner Key-Note, dass Bund, Länder und Kommunen in den letzten Jahren zahlreiche regulierungs-, steuer- und förderpolitische Maßnahmen durchgesetzt hätten, die eine Begrenzung der Mietpreise und eine Begünstigung urbanen Mietwohnungsbaues zum Ziel hatten. Als Ergebnis dieser Politik stagniere die Wohneigentumsquote auf nationaler Ebene und sei unter jüngeren Menschen deutlich rückläufig. Auf lange Sicht würde die derzeitige Wohnungs- und Städtebaupolitik die Gefahr bergen, negativ zur privaten Vermögensbildung und -verteilung in Deutschland beizutragen. Die (Wieder-)Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Eigentum und Miete hätte das Potenzial, mehr Wohnraum zu schaffen, eine höhere Vermögensgerechtigkeit zu fördern und auf diesem Weg zur sozialen Stabilität beizutragen.

In der Podiumsdiskussion mit den wohnungsbaupolitischen Sprechern im Landtag von Baden-Württemberg Christine Neumann-Martin (CDU), Klaus Ranger (SPD), Cindy Holmberg (Bündnis 90/Die Grünen) und Friedrich Haag (FDP) wurde darüber diskutiert, mit welchen Maßnahmen es gelingen könnte, den Wohnungsbau und die Wohneigentumsbildung voranzubringen. Es ging dabei um Themen wie die Senkung der Erwerbsnebenkosten, zum Beispiel durch eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer, Freibeträge für Ersterwerber oder Selbstnutzer, die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, serielles Bauen und eine Verringerung der regulatorischen Vorgaben durch eine Überarbeitung der Landesbauordnung, die in diesem Jahr noch kommen soll. Es geht auch darum, wieder einfacher zu bauen und über das individuelle Anspruchsniveau zu sprechen.

Die Vertreter der Veranstalter sprachen sich für einen neuen Kraftakt aller Beteiligten aus, um den Wohnungsbau und die Wohneigentumsbildung voranzubringen. Einzelne Maßnahmen würden nicht ausreichen, benötigt werde ein ganzes Maßnahmenset. Dabei gelte es, die konkurrierenden Ziele mehr Wohnraum, im Eigentum und zur Miete, bezahlbarer Wohnraum sowie klimaneutraler Wohnraum zu berücksichtigen. Es gäbe hier kein Entweder/Oder. Die Zielkonflikte müssten gelöst werden.





























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